Von braven Geschichten zu guter Kinder- und Jugendliteratur

Braves gegen Schund: So begann die Geschichte des SJW. Heute holen wir mit unseren Lektüren Preise und sind mit innovativen Projekten ein wichtiger Akteur in der Schweizer Leseförderung. Nur etwas ist gleich geblieben: das Format.

Die Gründungsversammlung des Schweizerischen Jugendschriftenwerks, kurz SJW, wurde von Vertretern der Lehrerschaft einberufen und fand am 1. Juli 1931 im Hotel Schweizerhof in Olten statt. Die damals an den Kiosken erhältlichen Romanhefte mit abenteuerlichen Heldengeschichten waren in Schülerkreisen beliebt, in den Augen der Pädagogen jedoch verwerfliche Lektüre. Die Gründer beabsichtigten, selbst günstige Jugendschriften herauszugeben – im Format der verpönten Serienhefte, jedoch mit erzieherisch wertvollen Themen.

Im März 1932 erschienen die ersten zwölf SJW Hefte zu einem Stückpreis von 20 Rappen. Das Ziel, mit moralisch unbedenklichen Abenteuer- und braven Kindergeschichten die beliebten Kioskromane zu verdrängen, erreichte die damalige Autorenschaft nicht. Doch das SJW fand Zuspruch und wuchs: Ab 1935 war es auch in der französischen Schweiz tätig, ab 1939 zudem in der italienischen und rätoromanischen. Die nationale Viersprachigkeit wurde denn auch als schützenswertes geistiges Gut gegen die Einflüsse aus Deutschland und als klares Bekenntnis gegen den Nationalsozialismus propagiert.

Bis in die späten 1970er-Jahre wurde die Lebenswirklichkeit des jungen Lesepublikums in den SJW Heften mehrheitlich ausgeblendet; aktuelle politische, soziale und kulturelle Themen fehlten. Die SJW Hefte vermittelten weitgehend konservative und gesellschaftskonforme Wertvorstellungen.

Dies änderte sich unter der Verlagsleitung von Heinz Wegmann, der das SJW vom Beginn der 1980er-Jahre bis in die 1990er-Jahre zu einem modernen Verlag mit einem breiten Spektrum an aktuellen und auch provozierenden Themen machte, dies unter Einbezug einer ganzen Reihe damals jüngerer und kritischer Autorinnen und Autoren wie Franz Hohler, Eveline Hasler, Emil Zopfi, Niklaus Meienberg u.a.m. Seine Strategie wurde von den nachfolgenden Verlagsleiterinnen Barbara Kürz und Margrit Schmid mit Erfolg weitergeführt.

Heute stellt die Leseförderung mit herausragender Kinder- und Jugendliteratur von hauptsächlich Schweizer Autorinnen und Autoren die Kernkompetenz des SJW dar. Daneben machen wir mit innovativen Leseförderprojekten, qualitativ hochstehenden Illustrationen und einer lebendigen Literaturvermittlung auf uns aufmerksam. Zahlreiche internationale Preise und Auszeichnungen bestätigen uns in unserer Arbeit.

 

Vgl. Charles Linsmayer: «Ein geistiges Rütli für die Schweizer Jugend – 75 Jahre SJW Schweizerisches Jugendschriftenwerk». SJW Nr. 2279, 2007.